Die Vergebung des Baumes

„Vergib ihnen. Denn sie wissen nicht, was sie tun“, sagte der Baum zu mir, als ich ihn nach der Botschaft fragte.
Zuerst musste ich lachen, als ich im Wald an ihm vorbeiging und sein Kunstwerk sah.
Es hatte so etwas Witziges, ja Fröhliches, und tauchte für mich so plötzlich auf.

Vielleicht war es ein Gemeinschaftsprojekt und Naturwesen waren mit am Werk – sie sind ja für ihre humorvolle Energie bekannt.

Er sprach weiter:

„Einst hat jemand gemeint, in Liebe zu sein – und mir dabei Schmerzen zugefügt.
Das war einfach der unbewusste Ausdruck dieses Menschenwesens.
Es hatte erfahren und gelernt, dass Liebe auch Schmerz bedeutet.
Es hätte mir einen Kuss geben – oder mit den Fingern ein Herz auf meine Rinde malen können.
Doch das war diesem Wesen einfach nicht möglich. 
„Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ bedeutet für mich,
Vergebung aus Mitgefühl und Erkennen heraus.
Nicht von oben herab (auch wenn ich recht groß bin) oder weil ich schlauer oder weiter wäre.
Wenn die Menschen manchmal sehen könnten, wie „weit“ manche in Wirklichkeit sind,
von denen sie denken, sie wären längst nicht so weit wie sie selbst.
Als ob es darauf ankäme.
Davon abgesehen spreche ich hier von einer Weite,
die nicht linear ist und nichts mit schneller und besser zu tun hat.
Die gar nichts mit dem Tun zu tun hat, sondern das liebende Sein ist.
Weite Liebe. Allumfassende Liebe.
Wir Bäume können das.
Weil wir erkennen und fühlen, was mit euch ist.
Ihr denkt, ihr umarmt die Bäume.
In Wirklichkeit umarmen wir euch.
Wir rufen euch zu uns.
Um euch all das zu sagen, haben wir dieses Kunstwerk aus meiner Verletzung heraus erschaffen.
Ihr müsst nichts gutheißen.
Vergebt – werdet frei – und glaubt und vertraut, dass aus all euren Verletzungen etwas Schönes werden kann.
Und dann werdet ihr vielleicht eines Tages jemanden berühren – einfach so – dessen Herz traurig ist.
Das bereit ist, wieder zu erblühen.
Wir Bäume – wir lieben euch.
Wir sind zusammen hier. Danke.“

 

19. Juni 2025 – Lieber Baum, ich danke dir.

 

Text und Bilder: © Melanie Ackermann
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