Zu Gast bei Maria Magdalena – ein Reisebericht

Provence, im Juni 2017

Nun sitze ich hier und werde Farben, Symbole, den leisen Windhauch, greifbares und nicht greifbares in Worte gießen. In den Kelch der Worte, der schon bereitsteht für mich. Ich hätte Lust, an ihm vorbeizugehen. Ich weiß, er wird nicht sehr lang dort stehen. Mich ihm zuzuwenden erfordert Disziplin, Bereitschaft, Hingabe. Ich könnte noch hierhin und dorthin gehen, tue es auch. Noch einen Tee holen, ein Stückchen Schokolade. Doch füllen muss ich ihn, den Kelch der Worte. Er fordert es. 

Es ist wichtig.
Ich kann nicht abwarten, bis er weg ist.

 

Ich bin in einer Unterkunft in der Provence, in einem ehemaligen Taubenschlag, und höre die Zikaden. Unablässig und laut. Ob Maria Magdalena sie auch hörte? Gab es Zikaden damals? Ja, bestimmt. Es ist ein leichter Durchzug und die Eingangstür geht gerade auf, so als wenn jemand einträte.

Sie ist da.

 

 

 

 

Ich möchte von meinem Besuch in jener Grotte erzählen, in der Maria Magdalena gelebt haben soll. Von der Kirche habe ich nicht viel von ihr gehört. Vor Jahren begann ich, über gechannelte Schriften und Bücher (Pamela Kribbe, Lars Muhl) mehr über sie zu erfahren. Etwas in mir fühlte sich zu ihr hingezogen.

In der Provence spüre ich ihre Präsenz. Für mich ist die Provence Maria Magdalena Land – und benetzt mit ihrer Liebe. In Frankreich kam ich mit mir in Kontakt, mit meiner weiblichen Essenz.

Von den bekannten Maria Magdalena Orten in der Provence zog mich die Grotte am meisten an. Doch am Anfang des Urlaubs, stand ich mit meinen Füßen in Saintes Maries de la Mer im Wasser. Ich hatte die Augen geschlossen und versank nicht nur im Sand, sondern auch in eine innere heilige Ruhe. Das Meer schwappte vor und zurück und es waren für mich magische Momente. Ich sah, wie Maria Magdalena und ihre Freunde sich in einem Boot dem Strand näherten. Ich konnte sie innerlich spüren und sehen, es berührte mich tief.

Die nächsten Tage bis zum Besuch der Grotte kann ich mit ein paar Worten zusammenfassen:
Kein wirkliches ankommen und ein innerliches getrieben sein, es gab keine Mitte,
keinen Anker und es war einfach nur heiß.

Schnecken kreuzten meine Wege,
legten mir ihre leeren Häuser hin.

Aber ich fand den Eingang nicht. 

Ich hatte nicht das Gefühl, viel Einfluss zu haben. Dazu kamen intensive Träume, sowie Angst und Panikschübe in der Nacht. In mir dröhnte es fast ohrenbetäubend. Ich fragte mich – nicht zum ersten Mal – wie ich denn dieses Leben überleben soll. 

Endlich war es soweit. Wir machten uns auf den Weg zur Grotte, La Sainte-Baume.

Wir fuhren vom Luberon aus gut 2,5 h bis zum Parkplatz der Grotte. Circa 20 km vorher sah ich eine tote Katze am rechten Straßenrand liegen. Sie war hübsch und lag auf der Seite. Vielleicht erschließt sich mir noch die Bedeutung, dachte ich bei mir. Für den Moment war mir nur klar, dass an dieser Stelle ein bestimmter Bereich begann. Es war, als wären wir durch ein Eingangstor gefahren. Ich wusste auch bereits innerlich, dass eine lebende Katze den Abschluss dieses Ausfluges markieren wird.

 

Vom Parkplatz aus geht ein ca. 1,5 km langer Wanderweg bergauf durch einen schönen Wald.
Ich hatte mir keinen Plan gemacht, was ich tun wollte bei diesem Aufstieg, oder für was ich ging.
Ich öffnete mich für Inspirationen, die alsbald auch kamen, in großer Zahl.
Puh! Naja, wenn ich schon mal da bin, dachte ich bei mir.

So stellte ich mich am Fuße des Weges auf, um mich zu sammeln und um Einlass zu bitten. Doch vorher musste ich noch etwas loswerden. 

Ich spürte Wut in mir und so wandte ich mich an meinen Reisepartner und teilte mit, was sich in mir so stark bewegte. Ich ließ eine Schimpftirade los. Denn irgendwo hatte ich kürzlich gelesen, dass – der Kirche nach – Maria Magdalena um die 30 Jahre lang in dieser Grotte kniend Buße für ihre Sünden getan haben soll. Das regte mich plötzlich so sehr auf, dass ich, ohne überhaupt schon losgegangen zu sein, an Ort und Stelle schimpfen musste. Einige Male entfuhr es mir mit Nachdruck: „Das stimmt so nicht! Das stimmt so nicht!“ Ich spürte das einfach tief in mir, oder durch mich, ohne zu wissen, woher es kam. Und ich stapfte wie ein zorniges Kind mit den Füßen auf den Boden auf.

Dies wurde angeregt, oder besser gesagt, ich wurde aufgeregt durch eine Kirchengruppe, die kurz nach uns laut lachend auf dem Parkplatz ankamen. Mir, oder das, was sich durch mich ausdrücken wollte, war gar nicht nach lachen. Als die Wut endlich raus war, schloss ich meine Augen und konzentrierte mich auf den Weg. Ein Hauch von „Etwas“ streichelte meinen Arm und drei Tropfen landeten auf mir, obwohl es nicht regnete. 

Schweigend gingen wir los. Nach dem ersten Drittel des Weges flog ein Taubenschwänzchen um uns herum, es umkreiste uns zweimal. Ein fröhlicher Geselle. Wir blieben stehen und genossen seinen Anblick. Wenig später kamen wir an einer Quelle vorbei, und ich ließ das eiskalte Wasser über meine Hand laufen. Reinigung auf einer sehr tiefen Ebene. Ich überlegte nicht viel, es waren Impulse, denen ich folgte und ich befand mich in einer anderen Welt als „normalerweise“.

Der Weg war steil, doch er lief sich gut. Zumal es ausgerechnet in den Stunden als wir dort waren ca. 10 Grad C kühler war, als in den letzten sehr heißen Tagen.

Ich genoss das Schweigen, auf das auch Schilder hinwiesen und so ermahnte ich frech ein tuschelndes Paar mit einem „Ppppscht!“ Meine Nerven waren noch angespannt. Vor der Treppe, die zur Höhle hinauf führte, zog etwas meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich fühlte mich beobachtet. Da sah ich auch schon ein hundeähnliches Wesen, als Gebüsch getarnt. Es wirkte auf mich freundlich, doch sehr wachsam und war auch recht groß. 

Oben angekommen, betrat ich langsam den Eingang der Grotte. Es zog mich direkt nach links. Dort stand eine der vielen Statuen und Kerzen, und ich setzte mich auf eine Bank, nah an einen Felsen. Ich ließ die Höhle auf mich wirken.

Ich spürte sie dort. Maria Magdalena. Ja, ich spürte sie dort.
In mir, aber auch, dass sie dort gelebt hat.
Ich spürte ihre Präsenz.
Dieser Moment war heilig. 

In mir kam das Gefühl auf, ich war nicht ausschließlich für mich hier. In dem Moment fing in einer anderen Ecke der Höhle eine kleine Gruppe von Menschen spontan an zu singen. Ich saß still und mit geschlossenen Augen versunken da, so sehr berührt, dass sich keine Träne heraustraute.

Ich ging herum und mir fielen die Statuen auf, die leidend nach unten oder oben schauten. In Saintes Maries de la Mer hatten wir eine goldene Maria Magdalena Statue gesehen, die die Menschen direkt anschaut. Es ist magisch. Dieser Blick wirkte auf mich so echt, so durchdringend. 

Eine leere Grotte mit ein paar Sitzgelegenheiten und Kerzen hätten mir gereicht. Kerzen sind immer schön und neigen auch nicht zur Überflüssigkeit. Ich zündete eine an und schaute mir dann die Höhlenwände an. Sie sind so wunderschön, wie ein Gemälde, ein Kunstwerk. Sie wirken belebt und erzählen so unendlich viele Geschichten.

Geschichten von der Erde, den Sternen und dem dazwischen.

 

 

Ich ging noch einmal herum, und nahm diese tiefe, wohltuende, erdige Kraft wahr. Als ich aus der Höhle hinaustrat, fing es an zu regnen. Vor dem Hinuntergehen sammelte ich mich, und richtete mich innerlich aus auf meine Absicht für den Weg, die ich mit dem hinuntergehen bekräftigen wollte. An der Quelle ließ ich nun das kalte Wasser über meine andere Hand laufen. Unten angekommen bedankte ich mich für alles, und wir traten hinaus aus dem Wald. In dem Moment wirbelte ein großer Schmetterling um uns herum.

Auf der Rückfahrt machten wir noch Halt in Saintes Maximin de la Saint Baume und schauten uns die Kirche an, in der die Gebeine der Maria Magdalena sein sollen. Für viele ist es sicher ein berührender Ort, für mich war es das nicht. Ich konnte sie dort nicht fühlen, nur all das andere. Es gibt einen unteren Raum, wo ein Schädel-Skelett ausgestellt ist. Dieser Schädel ist eindrucksvoll, ich meinte,  eine sehr alte Frau darin zu sehen. Ob das ihr Schädel ist, konnte ich nicht spüren. 

 

 

Einige weitere Kilometer danach, hielten wir spontan in einem kleinen Ort an. Eine entspannt dahin schreitende, hübsche Katze ging an uns vorbei. Direkt an der Dorfkirche. Mehr Katzen, außer der toten am Anfang und der lebenden am Ende des Tages, sahen wir an diesem Tag nicht. 

Es gibt von der Grotte ausgehend noch einen Weg zu einem weiteren Kraftplatz, hoch oben auf dem Berg. Ich las vorher davon, doch als ich in der Grotte war, hatte ich überhaupt nicht daran gedacht. Es war einfach weg.

Ich werde wiederkommen.
Und dann gehe ich noch höher hinauf.

 

Ein Jahr später, im Juni 2018

Ich bin wieder da, im geliebten Land. Die (Urlaubs)Tage bis zum Grottenbesuch waren erneut erfüllt von tiefen Prozessen.
Ich fühlte mich nicht geschont, und frage mich einmal mehr, wie ich hierher kam. 

Durch ein tiefes Sehnen.
Ich fühlte es in meinem Herzen und es führte mich.
Es gab keinen Weg vorbei.

Ich betrat die Grotte und kam nach Hause. Mir kamen die Tränen und ich spürte einen klaren Wunsch in mir:

Ich gehe meinen Herzensweg.
Nicht den Weg der anderen.
Keinen anderen Weg mehr.
Nur noch meinen.

 

Dieses Mal gingen wir den langen, steilen Weg nach oben auf das Plateau.
Dorthin, wo auch Maria Magdalena jeden Tag gegangen sein soll.

Oben ein atemberaubender Blick, große Weite und eine heilige Ruhe.
Eine kleine Kapelle und ganz hinten das Meer.

Ich ging den Weg von der nährenden,
bergenden Dunkelheit der Erde in der Grotte
nach oben zur hellen, lichten Energie des Himmels.

Ich komme wieder.

Fünf Jahre später, im Juli 2023

Physisch bin ich bisher nicht mehr dort gewesen. Doch hin und wieder geistig. Als ich vor Jahren in Südfrankreich war, war es ein Erlebnis. Und da ich es erlebt habe, lebt es in mir. Ich bewahre es auf wie ein Schatzkästchen. Bis zum Wiedersehen.

Vor einiger Zeit erzählte mir eine Bekannte von einem Buch: „Maria Magdalena – das wahre Evangelium“ von Daniel Meurois. Ich las es, und danach gleich „Essener Erinnerungen“ und „Jesus Jüngerinnen“ vom selben Autor. Diese Bücher waren für mich Offenbarungen, und ich fand dort das bestätigt, was ich Jahre zuvor in der Provence fühlte.

Ich fühlte es in der Luft, die dort wehte und auf der Erde, auf der sie gegangen sind.
Sie, die einst mit dem Boot ankamen in einem fremden Land.
Die ihre Fußabdrücke hinerlassen haben. Bis heute.

Auf dass auch wir mit unseren Füßen einen Stempel der Liebe auf der Erde hinterlassen.
Jeder Schritt zählt.


Melanie Ackermann

 

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Text und Bilder: © Melanie Ackermann
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